Malta besitzt 365 Kirchen, “eine für jeden Tag” wie die Einheimischen gerne schmunzelnd betonen. Doch davon abgesehen, dass es Maltesern und Touristen leicht gemacht wird ihren Glauben auszuüben, leiden viele empfindlichere Menschen unter dem äußerst regelmäßigen und langandauernden Glockenläuten, das so charakteristisch für die maltesische Inseln ist.
In einem verzweifelten Bemühen zumindest das Interesse der Öffentlichkeit zu erreichen, hat Anna Spiteri, eine Bürgerin aus Senglea, nun zum großen Schlag ausgeholt. Indem sie sich auf die EU-Richtlinie zum Lärmschutz beruft, klagt sie in der ersten Kammer des Zivilgerichts Erzpriester Joe Grech, Erzbischof Paul Cremona, den Vorsitzenden von der maltesischen Planungsbehörde, den Umweltminister und Joanna Drake von der Europäischen Kommission an. Ihre Appelle an die Gemeinde und die maltesische Kuria hatten zuvor keinerlei Gehör gefunden.
26 Jahre lang lebte die Malteserin in Senglea bis die Gemeinde 2000 eine neue Turmuhr installierte. Alle fünfzehn Minuten schlagen seither die Glocken der Gemeinde und machen Frau Spiteri das Leben zur Hölle. Unabhängige Messungen hatten festgestellt, dass die Kirchenglocken der Senglea Gemeindekirche die von der EU im vergangenen Juni festgelegten akzeptable Lautstärken von 53 bis 60 Dezibel um bis zu 30 Dezibel übersteigen und dadurch die Lebensqualität der Anwohner erheblich beeinträchtigen.
Im höchst katholischen Malta sorgt der Fall für Aufruhr. Vielen Bewohnern waren die ausschweifenden Glockenspiele, die in vielen Gemeinden üblich sind und oft stundenlang andauern können, schon lange ein Dorn im Auge. Auf der anderen Seite stehen viele devote Gläubige, denen die Anklage allein schon blasphemisch anmutet und die sich über Frau Spiteris Verhalten empören. Einige Kommentatoren sehen die Glocken auch als etwas typisch Maltesisches, als besonderen Teil der maltesischen Kultur, der gegen die Einflussnahme der Europäischen Union geschützt werden müssen.
Es ist nun dennoch am Europäischen Gerichtshof über diesen äußerst heiklen Konflikt um das Gotteshaus in Senglea zu entscheiden.